Kreuzwörter Cross-Words

Acryl auf alten Schachteln, 1999 Painted and outcuted old boxes

Sprachräume


Die ersten Kunstäußerungen von Herbert Christian Stöger in der Öffenlichkeit
erfolgten im weitesten Sinne als Formulierungen eines literarischen Aktionismus,
als Sprachperformances, die einerseits eine poetische Analyse von Sprachstrukturen
erprobten, andererseits dramaturgische Ausschnitte von Alltagssituationen vorstellten.
Als ein besonderer Grundtenor, der auch in weiterer Folge in seiner bildkünstlerischen
Arbeit zu finden ist, zeigte sich ein spezielles Bemühen um eine konsequente Verbindung
von direkt biologischen (Menschen-) Körpererfahrungen mit Gestaltungsformen
ästhetischer Erfahrungen, die eher einem "abgehobenen" Kunstbereich zuzuordnen sind.
Durch das Studium an der Bildhauerklasse der Hochschule (heute: Universität) für
künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz wandte sich seine Aufmerksamkeit
nachfolgend mehr der Frage nach der künstlerischen Gestaltung von Körpervolumina zu,
um jedoch in den letzten Jahren in konsequenter Weise die hier gewonnenen Erfahrungen
mit der eigenen literarischen Erfahrungswelt in Zusammenhang zu bringen.
Aus diesem künstlerischen Bemühen heraus entstanden zuletzt Werkzyklen und Installationen,
mit Annäherungsprozessen an inhaltliche Bestimmungen - auseinandersetzt, bzw. als Frage
nach umfassenden Referenzsystemen. Diese Bedeutungssysteme werden jedoch nicht auf
ihre punktgenaue Zuordnung hin überprüft, sondern im Sinne einer räumlichen Erfahrung
aufgebaut, die sich nahe an der Grenze zwischen Körper und Raum bewegt, und sodann auf
ihre Ausdehnungskraft hin erprobt. In seinem Aufbau von Sprachräumen orientiert sich der
Künstler hier an der Erfahrung weiter gespannter Zeichenfelder, deren Grenzen nicht scharf
gezogen sind, sondern Sprachbedeutungszonen im Sinne von energetischen Ballungen
vorstellen. Zwar kommt bei diesen Sprachaufbauten der buchstäblichen Formulierung eine
besondere Bedeutung zu, die Gestaltungsformen des Künstlers sind jedoch nicht auf diese
Zeichenwelt alleine reduziert - formale Gestaltungen haben bei Herbert Christian Stöger
allerdings immer ihre konzeptuelle Ausrichtung auf mögliche literarische Sprachfunktionen.
"Seine künstlerische Recherche konzentriert sich solchermaßen speziell auf das Phänomen
dige Erfahrungswelten, die den Betrachter herausfordern, ihm zugleich aber auch einen
kontemplativen Erfahrungsraum vorstellen, der in umfassender Weise inhaltliche Anregungen
vermittelt, die sich im Sinne einer literarischen Erfahrung oftmalig fortsetzen, vermittelt.
Die jüngsten Arbeiten des Künstlers sind zudem gekennzeichnet durch eine besondere
Aufmerksamketi auf die Einteilungsmechanismen sprachlicher Informationseinheiten und auf
den Verlust von menschlichen Mitteilungsdifferenzierungen: Sein Aufbau von Künstlerischen
Sprachräumen wird solchermaßen vor allem zu einer Suche nach dem Verlorengehenden,
der Betracher zu einem "Mitsuchenden".


Peter Assmann

 

(...) So entsteht für die aussterbenden «Kreuzwörter» ein Erinnerungs-Raum, in dem sie
durch die künstlerische Aufmerksamkeit wieder zum Gebrauch in unserer Alltagssprache
zur Verfügung gestellt werden.
Die aus Karton herausgeschnittene Figur des Kreuzes (als traditionelles lexikalisches

Zeichen für immer seltener verwendete Begriffe) gibt den Blick auf die dahinter liegende
Wand frei, um Raum in einer doppelten Bedeutung, nämlich als Dreidimensionalität und
als Zeitraum, der Sprache als historischen Prozess begreifbar macht, einzusetzen. (...)

Eleonora Louis